Unsere Geschichte
Seit seiner Entdeckung in den Alpen war das Salz Teil der politischen, wirtschaftlichen und gastronomischen Entwicklung unseres Landes. Das Salzbergwerk Bex und die Geschichte des Sel des Alpes sind ein lebendiges Kulturgut, das die Besucherinnen und Besucher seit rund fünf Jahrhunderten fasziniert.
Die Geschichte des Sel des Alpes
Vor 4 Milliarden Jahren entstand unser Planet, bedeckt von Meeren, in denen sich das ganze Salz der Erde sammelte. Als sich die Kontinente bildeten, zog sich das Meer aus dem Gebiet, auf dem dereinst die Schweiz entstehen sollte, zurück.
Bis zum Ende der Trias, das Salz verblieb 200 Millionen Jahre lang versteckt im Felsen, der sich später zu den Alpen faltete, rein und geschützt vor jeder Verschmutzung.
Die Entdeckung des Sel des Alpes geht auf das 15. Jahrhundert zurück, als der Legende nach der junge Hirte Jean du Bouillet (genannt Bracaillon) seine Ziegen oberhalb von Bex bei Panex und Le Fondement zum Weiden führte. Die Tiere hatte eine klare Präferenz: Sie tranken nur Wasser aus den beiden dortigen Quellen. Der Hirte wurde neugierig und kostete das Quellwasser. Es schmeckte salzig. Also füllte er einen Kessel, erhitzte das Wasser und liess es verdampfen. Auf dem Kesselboden blieb eine Häufchen Salz zurück. So wurde das Sel des Alpes entdeckt.
1475 eroberten die Berner die Region und begannen mit der Nutzung der leicht salzigen Quellen. Sie kochten das Salzwasser in grossen Töpfen auf. Dieses Verfahren zur Salzgewinnung durch Verdampfen der Sole (d. h. des Salzwassers) über dem Holzfeuer wurde 200 Jahre lang angewendet.
1554 entstanden die ersten Salzminen in Bex. Alle Versuche zur Salzgewinnung waren handwerklich geprägt. Erst im nächsten Jahrhundert wurden grosse Änderungen vorgenommen, um eine industrielle Gewinnung möglich zu machen.
1680 wurde die Saline du Bévieux gegründet, die einzige Alpensaline, die heute noch aktiv ist. Da weniger Quellwasser floss, begannen die Menschen den Berg zu bearbeiten und Tunnel zu bauen. Sie wollten das vermeintlich grosse Salzreservoir im Berg leeren. Während eines Jahrhunderts gruben sie mit Hammer und Meissel, das heisst mit reiner Muskelkraft, ein Dutzende von Kilometern langes Labyrinth aus Galerien, Treppen und Brunnen. Später wurde auch Schwarzpulver eingesetzt.
Zwischen 1684 und 1691 wurde der Stollen Le Coulat realisiert. Sieben Jahre Arbeit waren nötig, um diesen Basisstollen, genannt Principale du Coulat, vom linken Ufer der Gryonne aus in den Berg zu treiben. Der 700 m lange Stollen führte zum Cylindre, einem zylinderförmigen Reservoir, wo man das wertvolle Salzwasser vermutete. Um die Arbeiten zu beschleunigen, beschlossen die Verantwortlichen den Bau einer Treppe, die der Lüftung diente. Nach unten zu graben war für die Bergbauarbeiter hart und gefährlich, denn sie mussten unter ihrer Standfläche graben und den Aushub auf dem Rücken hochtragen – und das alles bei schlechter Beleuchtung und unzureichender Belüftung. Der durchschnittliche Fortschritt betrug in einem horizontalen Stollen vier Meter pro Monat, bei einer Treppe deutlich weniger. Die Treppe im Coulat-Stollen, die sogenannte Escalier Ruiné, hat 458 Stufen.
1725 entschied sich Isaac Gamaliel de Rovéréa, der damalige Minendirektor, für ein noch kühneres Vorhaben: Er wollte einen Tunnel von Le Bouillet aus graben lassen. Zwei Kilometer trennten den Ausgangspunkt vom berüchtigten Fantasiezylinder. Der Bau sollte von einer Treppe mit 735 Stufen aus erfolgen. Doch die Berner Regierung, die dazumal das Sagen hatte, sorgte sich um das Ausmass und die Dauer der Arbeiten. Sie stoppte den Bau, nachdem bereits 202 Tunnelmeter und die Grand Escalier fertiggestellt waren. Nach Rücksprache mit dem Baron von Beust, einem sächsischen Ingenieur, wurde ein Brunnen gebohrt, um den Zylinder zu untersuchen. Das Resultat war enttäuschend. Das Quellwasser enthielt immer weniger Salz. Die Zukunft des Minen sah düster aus und die Berner Regierung trug sich mit dem Gedanken, das Bergwerk zu schliessen.
1768 nahm François Gamaliel de Rovéréa, der Sohn von Isaac Gamaliel de Rovéréa, die Pläne seines Vaters wieder auf und rettete den Standort. Die Experten fanden heraus, dass es sich beim vermeintlichen Zylinder um eine dicke Schiefer- und Sandsteinschicht handelte, die nichts Zylindrisches an sich hatte. François Gamaliel de Rovéréa liess eine Galerie entlang der Schicht erstellen, von der Querstollen abgingen. Bereits im ersten Querstollen wurde eine gute Salzwasserquelle entdeckt. Zwei weitere Versuche waren ebenfalls erfolgreich, sodass die Salinen für weitere 60 Jahre versorgt werden konnten.
1811 wurden die Grabungen in der Galerie Le Bouillet unter der Leitung von Johann von Charpentier wieder aufgenommen. In zwölf Monaten wurde ein grosses salzhaltiges Felsmassiv (die Coulat-Tasche) freigelegt und es entstand eine Reihe von Galerien und Sälen. Das Gestein wurde in übereinanderliegenden unterirdischen Steinbrüchen abgebaut und in die Entsalzungsanlagen in den Sälen transportiert. Dort wurde das Salz durch Auswaschen aus den Blöcken gelöst. Nach erreichter Sättigung wurde die Sole über Rohre aus Lärchenholz in die Saline von Le Bévieux geleitet. Diese Art der Salzgewinnung ist sehr teuer und personalintensiv. Daher konnte das Salz von Bex nicht mit ausländischem Salz mithalten, vor allem nicht nach der Einführung der Eisenbahn.
1836 ging das Chablais wieder in waadtländischen Besitz über und in Basel wurde ein grosses Salzvorkommen entdeckt. Das in dicken Schichten liegende Salz liess sich viel einfacher gewinnen als in Bex, was 1865 dazu führte, dass die Waadtländer Regierung die Salzminen von Bex schliessen wollte. Doch die Bürger von Bex wollten ihre Industrie retten. 1867 gründeten vier Männer aus Bex, die Herren Grenier, Chappuis-Veillon, Beauverd und Laurent, die Compagnie des Mines et Salines de Bex und führten eine neue Methode zur Salzgewinnung ein. Sie setzten die bestehenden Galerien und Säle unter Wasser. Die entstandene Sole wurde anschliessend abgepumpt und in die Salinen geführt.
Auch die Verfahren in den Salinen wurden modernisiert, sodass das Arbeiten einfacher und die Salinen rentabler wurden. Um 1877 wurden die Öfen durch das Verfahren der Thermokompression ersetzt. Diese neue und noch heute weltweit eingesetzte Technik arbeitet mit dem Piccard-Apparat, einer Erfindung des damaligen Direktors der Papeterie von Bex, Antoine-Paul Piccard (Urgrossonkel von Bertrand Piccard). Die Methode funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie eine Wärmepumpe: Die Sole wird mit in Heizkesseln produziertem Frischdampf zum Sieden gebracht. Der Dampf wird komprimiert, was die Temperatur erhöht, und wieder zur Beheizung in den Verdampfer geleitet. Das Ganze erfolgt in einem geschlossenen Kreislauf. Dank der Wärmerückgewinnung bieten sich beträchtliche Energieeinsparungen. Innerhalb eines Jahrhunderts konnte so dank Innovation, Erfindergeist und Modernisierung der Salinen von Bex die Produktion verzehnfacht und der Energieverbrauch um mehr als das Zehnfache reduziert werden.
1917 wurde aus der Compagnie die Société Vaudoise des Mines et Salines de Bex und die Hälfte des Aktienkapitals ging in staatlichen Besitz über. 1924 verordnete die Waadtländer Regierung den Zusatz von Jod im Salz.
1943 nahm die Saline von Bex ein eigenes Kraftwerk in Betrieb, das eine jährliche Einsparung von 900 Tonnen Kohle erlaubte.
Dank Bohrsondierungen konnten die Minen weiter modernisiert werden. Anfänglich wurde das Verfahren für Untersuchungen eingesetzt. Ab 1960 wurde der Fels mittels Bohrung und direkter Einspritzung von Wasser mit Hochdruck entsalzen. Dieses Verfahren wird noch heute angewendet.
1984 öffneten die Salzminen von Bex ihre Tore für den Tourismus. Die Besucher haben mit dem Grubenzug Zugang zu einem Teil des 52 km langen Labyrinths.
1997 übertrug der Kanton Waadt den Vertrieb des Salzes und das Hoheitsrecht der Salzgewinnung (Salzsteuer) an die Société Vaudoise des Mines et Salines de Bex . 2002 änderte das Unternehmen seinen Namen auf Saline de Bex SA und gründete die Fondation des Mines de Sel de Bex. Aufgabe der Stiftung ist es, den touristischen Standort zu fördern und das ausserordentliche Kultur, das dank Hartnäckigkeit, Mut und Erfindergeist vieler Schweizer Salzpioniere entwickelt wurde, zu erhalten.
Seit 2010 wird in der Saline von Bex in einer kleinen Produktionsstätte Sel à l’Ancienne hergestellt. Die Produktionsmenge beträgt 3 Tonnen pro Jahr.
2014 wurde die Saline de Bex SA Teil der Gruppe Schweizer Salinen AG, die die Salzversorgung in der Schweiz sichert und im Besitz der Schweizer Kantone ist.
2018 wurden grosse Anstrengungen unternommen, um aus den Tiefen der Salzminen Fleur des Alpes zu gewinnen. Heute erfolgt die Gewinnung, Herstellung und Verpackung dieses Salzes, das einer Salzblume gleicht, vollständig im Salzbergwerk Bex. Die Besucher können der Herstellung und Verpackung dieses grobkörnigen Salzes beiwohnen. Die Jahresproduktion beträgt mittlerweile 15 Tonnen. Die Salzminen von Bex sind die einzigen europäischen Minen mit Produktions- und Verpackungseinheit, die öffentlich zugänglich sind. Im Rahmen der Arbeiten 2018 wurde auch der Bahnhof der Schweizer Salinen erstellt, weshalb sich die Züge heute in den Minen kreuzen können. Die Taktfolge wurde verdoppelt.
Berühmte Besucher
Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Salzminen von Bex von berühmten Gästen besucht. Jean-Jacques Rousseau kam 1754 vorbei, Horace Bénédicte de Saussure und Casanova 1760. Alexandre Dumas hielt seine Eindrücke über den Minenbesuch vom 28. September 1832 in einem epischen Bericht fest. Auch Kaiserin Marie-Louise stattete dem Bergwerk einen Besuch ab. Das Grand Réservoir wurde ihr zu Ehren nach ihr benannt.
Alexandre Dumas, Schriftsteller (1802–1870)
Wir schreiben das Jahr 1832. Der dreissigjährige Schriftsteller flieht aus Paris, wo gerade eine Choleraepidemie wütet, und landet am Fuss der Dents-du-Midi. Ein Minenarbeiter führt ihn ins Herz der Erde, doch der "kraushaarige Riese" (Dumas hatte haitianische Vorfahren) zeigt sich weniger unerschrocken als die drei Musketiere. Er liefert uns einen humorvollen Bericht seines Abenteuers.
Als ich in die zweite Galerie stieg, packte mich der Führer plötzlich am Arm und stiess einen Schrei aus: Ich dachte, der Berg stürzte über uns zusammen, so sehr erfüllte sich die Höhle mit Lärm und Getöse. Es war eines der eindrücklichsten Echos, das ich in meinem Leben je gehört hatte. Es verging mindestens eine Minute, bis das letzte Beben dieses Echos, das so gewaltig emporgestiegen war, zu verstummen geruhte; man hörte es dumpf grollen und es prallte an die Hohlräume des Felsens wie ein überraschter Bär, der sich in den letzten Winkel seiner Höhle zurückzieht.
Als er hinter seinem Führer in einen Brunnen hinabsteigt und diesen fragt, ob «der Spass nicht bald ein Ende habe», antwortet ihm dieser, er habe erst etwas weniger als ein Drittel hinter sich. Dumas klammert sich an die Strickleiter «wie ein Skarabäus an einen Grashalm» und lässt seine Lampe fallen, «der ich, solange ich ihren Schein sah, freudig mit dem Blick folgen konnte, während ich hörte, wie sie nacheinander an die Leitern stiess, denen sie auf ihrem Weg in die Tiefe begegnete, bis mir schliesslich ein dumpfer Ton, der von ihrem Aufprall auf dem Wasser stammte, verkündete, dass sie da angekommen war, wo wir hinwollten.»
Möchten Sie den Schauer des berühmten Romanautors nacherleben? Dann nehmen Sie an einer TrekkMines-Exkursion teil!
Marie-Louise von Österreich (1791–1847
Die österreichische Kaiserin besuchte die Region mit ihrem Gefolge. Baron Méneval erzählt von ihren Reisen.
«Kaum bei der rustikalen Wölbung angekommen,
die das erste der Tor der Mine ist,
versteckt unsere Königin, von Neugierde angetrieben,
ihre blonden Haare unter einer schwarzen Kappe, bedeckt,
ohne ihre elegante Figur zu verdecken,
ihren grazilen Körper mit einem Kittel von steingrauer Farbe.
Ihr vorausgehend mit einer Fackel in der Hand
führt sie der Minenarbeiter in die unterirdische Höhle
und folgt dem Weg in die Tiefe.
Jeder von uns dringt ebenso hinein.
Unsere schwache Fackel vermag kein Tageslicht zu verbreiten,
macht aber doch die Dunkelheit sichtbar.»
Der Baron fährt weiter in der Beschreibung des Besuchs, vor allem hinsichtlich eines Brunnens:
In wenigen Minuten gelangt man zu einem grossen Brunnen, etwa achthundert Fuss tief, in dem sich die Leitungen, die das Salzwasser führen, entladen. Auf der rechten Seite dieses Brunnens befindet sich ein weiträumiger Saal von siebentausend Fuss Fläche, an einigen Stellen zwei Fuss tief, an anderen vierzehn. Man erreicht ihn über eine Treppe mit einem Dutzend Stufen. Die Decke wird über weite Teile von in den Fels getriebenen Säulen gehalten. Nachdem sie den schönen Brunnen und die Kühnheit der Decke bewundert hat, ...
Der grosse Saal, der die Kaiserin und ihr Gefolge faszinierte, erhielt später ihren Namen. Das Réservoir Marie-Louise kann im Rahmen eines Besuchs der Salzminen von Bex besichtigt werden.
TERRA SALINA
Mit dem Projekt Terra Salina soll das kulturelle und landschaftliche Erbe aufgewertet werden, das die Identität des Jurabogens in Verbindung mit dem Salz bildet. Die fünf Begründer des Projekts, die Saline Royale d’Arc-et-Senans, die Grande Saline de Salins-les-Bains, die Schweizer Salinen der Region Basel, Yverdon-les-Bains Région und das Salzbergwerk Bex fördern eine grosse Auswahl von multimodalen Reiserouten (Wanderwege, Radwege, Reitwege, öffentlicher Transport) um ein wesentliches Element unseres grenzüberschreitenden Kulturguts: das Salz.